Rezepte

Fragen und Antworten

Hier findest du Antworten auf einige wichtige Fragen rund um das Thema Zweinutzungshuhn. Für jede Frage haben wir eine kurze und eine ausführliche Antwort geschrieben.

Hinweis: Die Antworten geben unsere persönliche Sichtweise wieder, die auf gründlicher und gewissenhafter Recherche basiert – natürlich gibt es zu den hier besprochenen Themen auch andere Meinungen. Unsere Ansichten decken sich auch nicht zwingend mit jenen der Zweinutzungshuhn-Betriebe, die in unserem Bezugsquellen-Verzeichnis aufgeführt sind.

Ist einfach bio denn nicht gut genug?

Kurz und bündig

Ein Teil der in der konventionellen Geflügel-Produktion herrschenden Missstände existiert auch in der Bio-Produktion, da sie nicht (nur) durch die Art der Tierhaltung bedingt sind, sondern direkt mit der Hühnerrasse zu tun haben. Zwar werden in der Bio-Produktion etwas weniger leistungsstarke Tiere eingesetzt, doch auch diese sind meist auf einseitige Leistung gezüchtet, was manche der hier geschilderten Probleme mit sich bringt. Für eine ganzheitlich nachhaltige Produktion ist nebst einer ökologischen und auf das Tierwohl bedachten Produktionsweise auch eine Umstellung auf extensive Zweinutzungshühner notwendig. Die Lösung lautet also: Bio + Zweinutzungshuhn. Zusätzlich müssen wir unseren Konsum reduzieren. (–> Mehr dazu in unserer Antwort auf die Frage: «Wie viel Eier und Hühnerfleisch «darf» man eigentlich essen?»)

Im Detail

In der Bio-Hühnerfleisch-Produktion werden langsamer wachsende Tiere eingesetzt, die insgesamt weniger Fleisch ansetzen: Bio-Masthühner sind bei der Schlachtung doppelt so alt (60 bis 70 Tage) wie konventionelle Masthühner. (Die längere Mastdauer ist auch der Hauptgrund, weshalb Bio-Hühnerfleisch deutlich teurer ist.) Auch in der Bio-Eier-Produktion werden etwas weniger leistungsorientierte Hühner eingesetzt. In beiden Fällen haben Bio-Tiere deutlich bessere Haltungsbedingungen als ihre konventionellen Artgenossen*: sie haben mehr Platz, Auslauf ins Freie und leben in kleineren Gruppen. Ausserdem erhalten Bio-Hühner biologisch angebautes Futter und deutlich weniger Antibiotika.**

Aber: Fast alle Bio-Hühner stammen von den gleichen Grosskonzernen wie ihre konventionell gehaltenen Artgenossen und werden ebenso einseitig auf hohe (wenn auch im Vergleich zu konventionellen Hochleistungs-Hühnern weniger hohe) Lege- oder Mastleistung gezüchtet. Das bringt einige Missstände mit sich, zum Beispiel:

• Eine Studie der Universität Bern zeigte, dass auch Bio-Legehennen standardmässig unter Knochenbrüchen leiden. Dies, weil sie, um ihre hohe Legeleistung erbringen zu können, einen Teil des für die Eierschalen-Bildung benötigten Kalziums aus den eigenen Knochen abbauen und diese deshalb porös und brüchig werden. 

• Bio-Legehennen werden in der Regel ebenso wie konventionelle Legehennen aus Effizienzgründen nach nur einem Jahr getötet. 

• Auch in der Bio-Eier-Produktion haben die männlichen Tiere keinen Nutzen (da sie rassebedingt kaum Fleisch ansetzen) und werden in der Regel direkt nach dem Schlüpfen getötet. Bis 2026 müssen Schweizer Bio-Eier-Produzent:innen zwar alle männlichen Küken aufziehen, eine Umstellung auf das Zweinutzungshuhn ist jedoch nicht Pflicht. Die Aufzucht der Brüder von Hochleistungs-Legehennen ist jedoch wenig sinnvoll. (–> Mehr dazu in unserer Antwort auf die Frage: «Was unterscheidet einen Zweinutzungshahn vom «Bruderhahn»?».)

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Wenn die Hauptursache des Problems die eingesetzte Hühnerrasse ist, kann man das Problem nicht lösen, ohne etwas an der Hühnerrasse zu ändern. Alles andere ist nicht zu Ende gedachte Symptombekämpfung. Mit dem Zweinutzungshuhn aus ökologischer Zucht (–> in unserer Antwort auf die Frage «Sind alle Zweinutzungshühner gleich («gut»)?» beschreiben wir die Unterschiede zwischen verschiedenen Zweinutzungshuhn-Varianten) wird das Problem an seiner Wurzel gepackt – eine entsprechende Umstellung ist der einzige ganzheitlich sinnvolle Ansatz, um tiergerecht und möglichst ökologisch und sozial gerecht Eier und Hühnerfleisch zu produzieren. Deshalb lautet unsere Empfehlung: Biologische Produktion mit dem Zweinutzungshuhn! Wenn man mangels Angebot (noch) keine Zweinutzungshuhn-Produkte kaufen kann, sollte man selbstverständlich zu Bio-Produkten greifen – und dabei gleich nach Produkten vom Zweinutzungshuhn fragen und Produzent:innen und Läden so zur Umstellung motivieren!

* Es gibt vereinzelt kleine Betriebe, die auch ohne Bio-Label aus Überzeugung hohe Tierwohl- und Umwelt-Standards umsetzen. Deren Produkte sind allerdings nicht beim Grossverteiler erhältlich, sondern werden meist via Direktvemarktung angeboten.

** Auf der Plattform Essen mit Herz des Schweizer Tierschutzes STS kann man die Tierwohl-Richtlinien der verschiedenen Labels einsehen und vergleichen.

Was unterscheidet einen Zweinutzungshahn vom «Bruderhahn»?

Kurz und bündig

Ein Bruderhahn ist der Bruder einer Hochleistungs-Legehenne, stammt also von einer Hühnerrasse, die einseitig auf hohe Legeleistung gezüchtet wurde und deshalb kaum Fleisch ansetzt. Bisher wurden diese Tiere gleich nach dem Schlüpfen getötet. In der Schweizer Bio-Eier-Produktion wird diese Praxis ab 2026 verboten sein. Deshalb werden immer mehr Bruderhähne für ihr Fleisch aufgezogen – trotz geringer Ausbeute. Ein Zweinutzungshahn ist der Bruder einer Zweinutzungs-Legehenne, stammt also von einer Hühnerrasse, die sowohl für die Eier- als auch für die Fleischproduktion gezüchtet wurde. Ein Zweinutzungshahn setzt ordentlich Fleisch an. Weder in kulinarischer Hinsicht noch in Bezug auf das Thema Nachhaltigkeit haben ein Bruderhahn und ein Zweinutzungshahn viel gemeinsam. Im Folgenden erklären wir, weshalb wir den Bruderhahn für keine sinnvolle Lösung halten.

Im Detail

Da die männlichen Tiere von Legelinien aufgrund ihres Geschlechts keine Eier legen und rassebedingt auch kaum Fleisch ansetzen, haben sie in der Geflügelproduktion keinerlei Nutzen. Die Brüder von Hochleistungs-Legehennen werden deshalb standardmässig direkt nach dem Schlüpfen getötet: in der Schweiz jährlich mehr als 3 Millionen Tiere. Das Töten von Tieren, weil sie aufgrund ihres Geschlechts keinen Nutzen haben, halten wir für unvertretbar. Die Bio-Branche ist sich des Problems ebenfalls bewusst und hat entschieden, per 2026 aus dem Kükentöten auszusteigen: ab dann müssen alle männlichen Bio-Küken aufgezogen werden. In der Demeter-Eierproduktion werden bereits seit 2019 keine männlichen Küken mehr getötet. 

Hähne von Legelinien für ihr Fleisch aufzuziehen macht allerdings wenig Sinn, da sie einerseits kaum Fleisch ansetzen, andererseits aber trotzdem viel fressen – und zwar energiereiches Futter auf Soja- und Getreidebasis. Die für die Aufzucht dieser «Bruderhähne» benötigten Ressourcen (das Futter) stehen in keinem Verhältnis zum «Ertrag» (dem gewonnenem Fleisch). Aus ökologischer Sicht ist das ein Problem, denn wie hier beschrieben, hat der Anbau von Futtermitteln schwerwiegende Folgen für die Umwelt und verschärft die globale soziale Ungerechtigkeit. Mit der Aufzucht von «Bruderhähnen» wird also zwar ein ethisches Problem behoben (das sinnlose Kükentöten), gleichzeitig bleiben andere Probleme ungelöst oder verschärfen sich aufgrund des Mehrbedarfs an hochwertigem Futter sogar zusätzlich. Wir halten die «Bruderhahn»-Aufzucht deshalb für eine Sackgasse, die allenfalls während einer Übergangsphase eine gewisse Daseinsberechtigung haben mag. Langfristig ist die Umstellung auf das Zweinutzungshuhn aus ökologischer Zucht und somit die Aufzucht von Zweinutzungshähnen – also den Brüdern der Eier legenden Zweinutzungshennen – der einzige ganzheitlich sinnvolle Weg, weil er das Problem an seiner Wurzel packt und nicht nur ein einziges Symptom bekämpft.

Leider fehlen aktuell allgemeingültige Bezeichnungen, mit welchen man «Bruderhähne» und Zweinutzungshähne klar voneinander abgrenzen kann – hier haben wir beschrieben, wie man die verschiedenen Varianten trotzdem unterscheiden kann. Ausserdem gibt es auch unterschiedliche Arten von Zweinutzungshühnern (–> in unserer Antwort auf die Frage «Sind alle Zweinutzungshühner gleich («gut»)?» beschreiben wir die Unterschiede.

Hinweis: Die Rezepte auf «Huhn + Hahn» sind an das Fleisch von Zweinutzungshähnen angepasst und nicht an jenes von Bruderhähnen. (Die Fleischbeschaffenheit von Bruderhähnen ist vergleichbar mit jener eines Bio-Masthuhns. Ein Bruderhahn kann deshalb grundsätzlich gleich zubereitet werden wie ein Bio-Masthuhn – allerdings verkürzt sich die Garzeit aufgrund der deutlich geringeren Fleischmenge.)

Wie viel Eier und Hühnerfleisch «darf» man eigentlich essen?

Kurz und bündig

Viel weniger als heute! Konkret: Sollen Hühner nur fressen, was wir Menschen nicht auch selber essen können («feed no food»-Prinzip) und wollen wir ganzheitlich nachhaltig auf der Basis lokaler Ressourcen produzieren, so steht jeder Person in der Schweiz 1 Ei pro Woche (60 pro Jahr) und 1 Hühnerfleisch-Gericht pro Jahr zu. Wie wir auf diese Zahlen kommen und weshalb wir uns unter diesen Umständen überhaupt für das Zweinutzungshuhn stark machen, steht im Folgenden.

Im Detail

Die Umweltorganisation Greenpeace hat auf der Basis wissenschaftlicher Studien eine «Vision für eine tiergerechte und ökologische Produktion in der Schweiz» (–> PDF) entwickelt und für diese berechnet, wie viele Eier wir in der Schweiz essen könnten, wenn wir diese auf der Basis lokaler Ressourcen ganzheitlich nachhaltig (tiergerecht, ökologisch und sozial gerecht) produzieren würden. Folgende zwei Grundsätze sind für eine solche Produktion entscheidend:

«Auf Ackerland wird kein Futtergetreide angebaut und es werden auch keine Futtermittel importiert. Stattdessen sollen Hühner hauptsächlich mit Nebenprodukten aus der Nahrungsmittelverarbeitung gefüttert werden.»

«Alle Nutztiere werden artgerecht gezüchtet, gehalten und ernährt.»

Daraus ergibt sich erstens eine drastische Reduktion der Hühner-Bestände und zweitens eine Umstellung auf Zweinutzungshühner aus ökologischer Zucht. Dies, weil nach obigen Grundsätzen einerseits nur ein Bruchteil der heute eingesetzten Futtermengen produziert werden kann und weil andererseits nur genügsame und weniger leistungsstarke Zweinutzungshühner mit diesem weniger energie- und eiweissreichen Futter überhaupt klarkommen.

Bei entsprechender Produktion würden pro Person noch 60 Eier pro Jahr zur Verfügung stehen. Zum Vergleich: Heute essen wir ca. 200 Eier pro Jahr, Tendenz steigend. Wie sieht es mit dem Fleisch aus? Mit dem Zweinutzungshuhn steht die verfügbare Fleischmenge in direkter Abhängigkeit von der Anzahl produzierter Eier. Fleisch fällt jeweils nur dann an, wenn ein Betrieb mit einer neuen Generation von Legehennen startet und für jede zukünftige Legehenne naturgemäss auch ein männliches Küken schlüpft: dann werden einerseits die älteren Legehennen geschlachtet und andererseits nach einigen Monaten die Hähne, also die Brüder der neuen Legehennen. Sinnvollerweise findet etwa alle zwei Jahre ein Legehennen-Wechsel statt. Alle zwei Jahre gibt es also das Fleisch eines jungen Hahns und jenes einer ausgedienten Legehenne. Eine Zweinutzungshenne legt etwa 180 Eier pro Jahr. Bei einem jährlichen Eierkonsum von 60 Stück/Person versorgt eine Henne drei Personen während zwei Jahren mit Eiern. In dieser Zeit fallen ein Zweinutzungshahn und ein Suppenhuhn an. Jede der drei Personen erhält also alle zwei Jahre das Fleisch von 1/3 Hahn und 1/3 Suppenhuhn bzw. alle sechs Jahre einen ganzen Hahn und ein ganzes Suppenhuhn. Zum Vergleich: In der Schweiz wird aktuell über 10 Kilo Hühnerfleisch pro Person und Jahr gegessen, das entspricht etwa dem Fleisch von 20 Hühnern – das ist die 60-fache (!) Menge von dem, was wir gemäss den obigen Grundsätzen produzieren könnten.

Wir sehen diese Zahlen als hilfreiche Orientierung für unsere täglichen Kaufsentscheidungen – klar ist: wir müssen unseren Konsum von Eiern und vor allem von Hühnerfleisch drastisch reduzieren. Um eine Umstellung auf das Zweinutzungshuhn anzuregen, braucht es aktuell aber erst einmal eine entsprechende Nachfrage, vor allem nach dem noch wenig bekannten Fleisch der Zweinutzungshähne – nur wenn Produzent:innen ihre Produkte erfolgreich vermarkten können, wird sich das Zweinutzungshuhn durchsetzen. Hier finden sich Adressen von Betrieben, die Eier und/oder Fleisch von Zweinutzungshühnern verkaufen.

Übrigens bedeutet die vorgeschlagene Reduktion unseres Eier- und Hühnerfleischkonsums nicht, dass wir uns für einen nachhaltigen Konsum am besten vegetarisch oder sogar vegan ernähren sollten. Es gibt auch Tiere, deren Haltung in der Schweiz absolut sinnvoll ist und die uns deutlich grössere Mengen an nachhaltig produzierten tierischen Lebensmitteln liefern können als das Huhn. (–> Mehr dazu in unserer Antwort auf die Frage «Ist Hühnerfleisch denn nicht das nachhaltigste Fleisch?»)

Ist Hühnerfleisch denn nicht das nachhaltigste Fleisch?

Kurz und bündig

Die sehr kurze Antwort lautet: Nein. Zwar kann kein Tier pflanzliche Kalorien so effizient in Fleisch umwandeln wie das Hochleistungs-Masthuhn. Viel wichtiger als dieses Kalorienzählen ist jedoch die Frage, was ein Tier frisst. Einfach gesagt, sollten wir vorwiegend Tiere halten, die nichts fressen, was auch wir Menschen selber essen können. Nach diesem «feed no food»-Prinzip ist das Fleisch von grasfressenden Wiederkäuern (Kühe, Schafe, Ziegen) die sinnvollste Ergänzung zu einer pflanzlichen Ernährung (sofern diese Tiere tatsächlich nur Gras fressen). Schweine und Hühner, die aufgrund ihres Speiseplans in direkter Nahrungs-Konkurrenz zu uns Menschen stehen, sollten wir möglichst nur noch als «Restenverwerter» halten. Daraus ergibt sich eine drastische Reduktion dieser Tierarten und eine Umstellung auf Rassen, die auch mit weniger hochwertigem Futter klarkommen, wie zum Beispiel Zweinutzungshühner aus ökologischer Zucht.

Im Detail

Viele glauben, Hühnerfleisch sei in Sachen Fleisch die nachhaltigste Option, weil Hühner besonders effiziente Futterverwerter sind und deshalb im Vergleich zu anderen Tieren einen geringeren CO2-Fussabdruck aufweisen. Dem liegt eine ebenso falsche wie problematische Annahme zugrunde und zwar, dass es keine Rolle spielt, was ein Tier frisst, sondern nur, wieviel es frisst. Ausserdem werden bei Ökobilanzen, die das Huhn als angeblich nachhaltig deklarieren, weitere relevante Aspekte wie das Tierwohl oder die soziale Gerechtigkeit nicht berücksichtigt. Gerade in Bezug auf diese Aspekte steht das effiziente Hochleistungshuhn katastrophal da – das darf nicht ignoriert werden. Aber schauen wir den ökologischen Aspekt der Hühnerfleisch-Produktion genauer an: Wenn wir die Klimabilanz verschiedener Fleischarten ausschliesslich danach beurteilen, wieviel Futter benötigt wird, um eine bestimmte Menge Fleisch zu produzieren – ja, dann hat das Huhn (und zwar nicht irgendein Huhn, sondern das konventionelle Hochleistungshuhn aus Massenproduktion) tatsächlich den geringsten CO2-Fussabdruck. Im Gegensatz etwa zum viel langsamer wachsenden Rind wandelt ein Huhn Futter äusserst effizient in Fleisch um: während ein Rind gemäss Weltagrarbericht die 7-fache Menge an pflanzlichen Kalorien benötigt, um eine bestimmte Menge Fleisch anzusetzen, braucht ein Huhn dafür nur die 2-fache Menge. Nur: Viel wichtiger als die Futtermenge ist die Art des Futters.

Wiederkäuer wie Rinder, Schafe und Ziegen fressen natürlicherweise ausschliesslich Gras – damit stehen sie (auch wenn sie noch so viel davon fressen) einerseits nicht in Nahrungskonkurrenz zum Menschen (der kein Gras verdauen kann) und verbrauchen andererseits keine Ressourcen, die nicht seit Jahrtausenden ohnehin vorhanden sind und von selbst wieder nachwachsen. Die Produktion von Rind-, Schaf- und Ziegenfleisch aus Weidehaltung mit reiner Grasfütterung ist eine ganzheitlich nachhaltige und sinnvolle Art, tierische Lebensmittel herzustellen. (Leider wird etwa in der konventionellen Massen-Rindfleischproduktion für ein schnelleres Wachstum und um mehr Tiere auf wenig Fläche halten zu können, sehr viel Kraftfutter (Getreide, Soja, Mais) eingesetzt – derart produziertes Rindfleisch hat eine sehr schlechte Ökobilanz.) Im Gegensatz zum grasgefütterten Wiederkäuer frisst ein effizientes Hochleistungs-Huhn immer Kraftfutter, das (wie hier dargelegt) weder in Bezug auf die Umwelt, noch in Bezug auf die soziale Gerechtigkeit nachhaltig produziert wird. Da wir Hühnerfleisch (und Eier) in riesigen Mengen konsumieren, hat die Geflügelproduktion enorme Auswirkungen auf die Umwelt und auf die Lebensmittelsicherheit der Menschen im globalen Süden – es ist irrelevant, dass ein einzelnes Huhn im Verhältnis «nur wenig» Futter benötigt. Kurz: Das Fleisch von Hochleistungshühnern ist nicht nur alles andere als ökologisch, seine Produktion verantwortet auch krasse Missstände beim Tierwohl und führt anderswo auf der Welt zu Hunger.

Hühnerfleisch kann aber auch nachhaltig(er) produziert werden – jedoch nur dann, wenn wir Hühner vorwiegend mit für die menschliche Ernährung nicht geeigneten Nebenprodukten aus der Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung füttern («feed no food»-Prinzip). Da nur robuste und genügsame Zweinutzungshühner aus ökologischer Zucht solches Futter überhaupt verwerten können, ist die Umstellung auf das Zweinutzungshuhn für eine klima-, tier- und sozial gerechte Produktion von Eiern und Hühnerfleisch zwingend. (–> In unserer Antwort auf die Frage «Sind alle Zweinutzungshühner gleich («gut»)?» beschreiben wir die Unterschiede zwischen verschiedenen Zweinutzungshuhn-Varianten.) Da ausserdem nur ein Bruchteil der heute aufgewendeten Hühnerfutter-Menge gemäss dem «feed no food»-Prinzip produziert werden kann, müssten gleichzeitig die Hühnerbestände und somit unser Eier- und Hühnerfleischkonsum drastisch reduziert werden.

Und wie sieht nun ein nachhaltiger Fleischkonsum aus? Da es überall auf der Welt viel Weidefläche gibt (2/3 der weltweiten Agrarflächen sind Grasland, das sich nicht für den Anbau von pflanzlichen Lebensmitteln eignet), sollten wir vorwiegend Fleisch von Wiederkäuern (Rind, Schaf, Ziege) essen – dieses muss aber zwingend aus grasbasierter Weidehaltung stammen. Fleisch von Hühnern und Schweinen sollten wir selten konsumieren und dabei darauf achten, dass die Tiere möglichst nach dem «feed no food»-Prinzip gefüttert wurden. Da sich für die mit solchem Futter verbundene extensive Tierhaltung nur robuste Rassen eignen, geht die entsprechende Fleischproduktion grundsätzlich mit mehr Tierwohl einher. Für den Einkauf können Labels bei der Orientierung helfen – am wertvollsten ist jedoch immer der direkte Kontakt zu lokalen Produzent:innen. Insgesamt sollten wir deutlich weniger tierische Produkte konsumieren als heute üblich – nicht nur weniger Fleisch, sondern auch weniger Milchprodukte und vor allem weniger Eier. (Wer es genau wissen will: –> In unserer Antwort auf die Frage «Wie viel Eier und Hühnerfleisch «darf» man eigentlich essen?» haben wir berechnet, wieviel Eier und wieviel Hühnerfleisch wir bei einer konsequent nachhaltigen Produktion konsumieren können.)

Sind Zweinutzungshühner denn nicht ineffizienter und somit unökologischer?

Kurz und bündig

Auf den ersten Blick scheint diese Annahme logisch. Bei näherem Hinschauen erweist sich die vermeintliche Effizienz des Hochleistungshuhns jedoch als Trugschluss: zwar benötigt dieses weniger Futter als ein Zweinutzungshuhn, um eine bestimmte Menge Eier oder Fleisch zu produzieren. Dafür kommt ein Zweinutzungshuhn aber mit weniger hochwertigem Futter klar, das ökologischer und sozial gerechter produziert werden kann. Nicht (nur) die Menge, sondern in erster Linie die Qualität des eingesetzten Futters entscheidet über den ökologischen Fussabdruck von Eiern und Hühnerfleisch – im Folgenden erläutern wir diesen Aspekt genauer.

Im Detail

Dem Einwand, Zweinutzungshühner seien ineffizienter als konventionelle Hochleistungsrassen liegt der gleiche Irrtum zugrunde wie der Annahme, Hühnerfleisch sei grundsätzlich die nachhaltigste Option aller Fleischarten. (–> In unserer Antwort auf die Frage «Ist Hühnerfleisch denn nicht das nachhaltigste Fleisch?» erklären wir, weshalb dies nicht zutrifft.) Der Irrtum besteht darin, zu glauben, dass nur die für eine bestimmte Menge Fleisch benötigte Futtermenge relevant sei. Wäre dies der Fall, dann wäre Fleisch umso nachhaltiger, je effizienter ein Tier sein Futter verwertet, d.h. je weniger pflanzliche Kalorien ein Tier braucht, um diese in Fleisch umzuwandeln. Würde dies zutreffen, wäre ein Hochleistungshuhn tatsächlich die ökologischste Option. Wichtiger als die Futtermenge ist jedoch die Art des eingesetzten Futters, denn Hühnerfutter ist nicht gleich Hühnerfutter. Hochleistungshühner sind auf energie- und eiweissreiches Futter auf Soja- und Getreidebasis angewiesen, dessen Anbau in Bezug auf die Umwelt und soziale Gerechtigkeit wie hier geschildert problematisch ist. In Anbetracht der gigantischen Mengen an Eiern und Hühnerfleisch, die wir konsumieren, nützt es nicht viel, wenn ein einzelnes Huhn «nur wenig» Futter frisst – in der Summe hat der Anbau von Hühnerfutter in jeder Hinsicht katastrophale Auswirkungen.

Die Lösung besteht nicht darin, Tiere deswegen auf noch mehr Effizienz und Leistung hin zu züchten (und die ohnehin schon gravierenden Missstände beim Tierwohl dadurch weiter zu verschlechtern). Der Konsum würde dadurch nur weiter steigen und die Auswirkungen sich noch verstärken. Stattdessen müssen wir die eigentliche Ursachen vieler Missstände in der Geflügelproduktion angehen: das Futter selbst. Dieses sollte nach dem Grundsatz «feed no food» produziert werden, das heisst, die Hühnerfutter-Produktion darf nicht die menschliche Ernährung konkurrenzieren und keine wertvolle Ackerfläche beanspruchen. Eigens als Tierfutter angebautes Getreide und Soja kommen also nicht in Frage. Stattdessen sollte Hühnerfutter vorwiegend aus nicht für unsere Ernährung geeigneten Nebenprodukten aus der Landwirtschaft und der Lebensmittelverarbeitung bestehen (z.B. Getreidekleie, Öl-Presskuchen usw.). Mit solchem weniger hochwertigem Futter kommen nur langsamer wachsende, robuste und genügsame Zweinutzungshühner aus ökologischer Zucht klar. (–> Nicht alle Zweinutzungshühner sind gleich – in unserer Antwort auf die Frage «Sind alle Zweinutzungshühner gleich (gut)?» beschreiben wir die Unterschiede zwischen den verschiedenen Varianten.) Ein Zweinutzungshuhn frisst aufgrund seines langsameren Wachstums und seiner tieferen Legeleistung zwar mehr Futter als ein Hochleistungshuhn, um die gleiche Menge Fleisch anzusetzen bzw. gleich viele Eier zu legen – aber: da das Futter selbst deutlich ökologischer und sozial gerechter produziert wird, ist dieser Futter-Mehraufwand vertretbar bzw., wäre er, wenn das Futter sogar ausschliesslich aus den erwähnten Nebenprodukten bestehen würde, sogar völlig unproblematisch. Zumal das Zweinutzungshuhn auch das einzige Huhn ist, mit dem eine tiergerechte Art der Eier- und Hühnerfleisch-Produktion überhaupt möglich ist.

Da nur ein Bruchteil der heute aufgewendeten Hühnerfutter-Menge gemäss dem «feed no food»-Prinzip produziert werden kann, müssen die Hühnerbestände und somit unser Eier- und Hühnerfleischkonsum so oder so drastisch reduziert werden. (–> In unserer Antwort auf die Frage «Wie viel Eier und Hühnerfleisch «darf» man eigentlich essen?» haben wir berechnet, wieviel wir bei einer konsequent nachhaltigen Produktion konsumieren können.)

Sind alle Zweinutzungshühner gleich («gut»)?

Kurz und bündig

Wir würden diese Frage gerne mit «Ja» beantworten, die Sache ist schliesslich schon so komplex genug. Leider ist es noch ein wenig komplexer. Zweinutzungshühner können grob in drei Gruppen unterteilt werden: Es gibt Rassehühner, sogenannte Gebrauchskreuzungen aus ökologischer Zucht und Gebrauchskreuzungen aus industrieller Zucht. Letztere stammen von den gleichen Zuchtunternehmen wie die gängigen Hochleistungs-Masthühner und -Legehennen und bringen einige der hier geschilderten Missstände mit sich. Aus diesem Grund finden sich in unseren Bezugsquellen für Fleisch und Eier vom Zweinutzungshuhn ausschliesslich Betriebe, die entweder Rassehühner oder Zweinutzungshühner aus ökologischer Zucht halten. In der ausführlichen Antwort erklären wir, wie sich die drei Zweinutzungshuhn-Varianten genau unterscheiden. 

Im Detail

Das Schweizer Huhn, das Appenzeller Spitzhaubenhuhn und das Appenzeller Barthuhn sind drei traditionelle Schweizer Rassehühner, die an unsere lokalen Gegebenheiten angepasst sind und sich aufgrund ihrer Robustheit ideal für eine tiergerechte und ökologische Haltung eignen. Überall auf der Welt gibt es solche Rassehühner, deren Erhalt für die genetische Vielfalt enorm wichtig ist. Auch aus einer kulturellen Perspektive sind solche Tiere erhaltenswert. Allerdings sind Rassehühner oft vom Aussterben bedroht, weil sie mit der Effizienz moderner Hochleistungshühner nicht mithalten können. Die genannten Rassen werden in der Schweiz deshalb von der Organisation ProSpecieRara und vom Züchterverein für ursprüngliches Nutzgeflügel (ZUN) gezielt gefördert. Je nach Rasse dauert es unterschiedlich lange, bis ein Hahn ausgewachsen ist und geschlachtet werden kann. Bei den meisten Rassen sind die Hähne mit 5-7 Monaten schlachtreif, bei manchen Rassen dauert es auch mal 12 Monate. Auch bei der Grösse gibt es frappante Unterschiede zwischen den einzelnen Rassen. Sowohl das Alter als auch die Grösse haben Einfluss auf die Zubereitung. Wer das Glück hat, mit dem Fleisch von Rassehühnern kochen zu können, muss die in unseren Rezepten angegebenen Garzeiten deshalb allenfalls noch etwas anpassen.

Zweinutzungshühner auf der Wiese, Foto: ProSpezieRaraZweinutzungshühner auf der Wiese, Foto: ProSpezieRara

Appenzeller Barthühner
© ProSpecieRara, Foto: Benjamin Wiedmer / meriangärten

Dann gibt es sogenannte Gebrauchskreuzungen: dafür werden zwei reinrassige Hühner, die jeweils unterschiedliche erwünschte Eigenschaften haben, miteinander gekreuzt. Die Nachkommen weisen eine Kombination der Eigenschaften beider Elterntiere/Rassen auf, die sogar zusätzlich verstärkt auftreten (Heterosis-Effekt). Kreuzt man etwa einen Hahn mit guten Mast-Eigenschaften mit einer Henne mit guter Lege-Leistung, weisen deren Nachkommen sowohl eine besonders gute Lege- als auch eine besonders gute Mastleistung auf. Gebrauchskreuzungen sind effizienter und entsprechend wirtschaftlicher als Rassehühner. Der Nachteil solcher Kreuzungen ist, dass die durch die Kreuzung hervorgebrachten Eigenschaften in der darauf folgenden zweiten Generation (wenn also die gekreuzten Tiere untereinander weitergekreuzt werden) nicht «stabil» sind, die Eigenschaften also nicht wie erwünscht an die nächste Generation weitervererbt werden. Aus diesem Grund verwendet man gekreuzte Tiere grundsätzlich nicht für die Weiterzucht. Stattdessen werden für eine nächste Hühner-Generation erneut die ursprünglichen reinrassigen Elterntiere miteinander gekreuzt. In Deutschland hat sich die Ökologische Tierzucht GmbH (ÖTZ) auf eine ökologische und tiergerechte Zucht von speziell an die biologische Landwirtschaft angepassten Zweinutzungshühnern spezialisiert – entsprechende Tiere finden sich unter den Namen «Coffee», «Cream» oder «Caramel» auch in der Schweiz auf immer mehr Bio-Betrieben. Die entsprechenden Hähne werden mit ca. 4 Monaten geschlachtet.

Zweinutzungshühner auf der Wiese, Foto: Ökologische Tierzucht gGmbH (ÖTZ)Zweinutzungshühner auf der Wiese, Foto: Ökologische Tierzucht gGmbH (ÖTZ)

© Ökologische Tierzucht gGmbH, Foto: Eva Wolf

Auch in der industriellen Hühnerzucht bedient man sich der Praxis der Kreuzungszucht – nur orientieren sich die wenigen globalen Zuchtbetriebe nicht an Nachhaltigkeits-Kriterien, sondern streben eine maximale Effizienz und Wirtschaftlichkeit ihrer «Produkte» an. Aus diesem Grund hat sich die Industrie bisher auf Hühner mit einseitig hoher Mast- oder Lege-Leistung spezialisiert. (Welche Misstände dies in Bezug auf das Tierwohl, die Ökologie und die soziale Gerechtigkeit mit sich bringt, schildern wir hier. Ein Zweinutzungshuhn passt wegen seiner (im Vergleich zu einseitigen Hochleistungshühnern) geringeren Effizienz eigentlich nicht in das Portfolio der globalen Hühnerzucht-Unternehmen. Dennoch führt die Industrie für den Bio-Markt seit einigen Jahren ein Zweinutzungshuhn im Angebot, nachdem die Praxis des Kükentötens in der Eier-Industrie immer mehr in die Kritik geriet und eine entsprechende Lösung hermusste (bzw. sich ein weiteres Geschäftsfeld auftat). Es erstaunt nicht, dass das «Industrie-Zweinutzungshuhn» die effizienteste aller Zweinutzungshuhn-Varianten ist. Zwar werden diese Hühner auf Bio-Betrieben unter tiergerechten Bedingungen gehalten, das gilt jedoch nicht für deren für die Zucht genutzten Eltern – diese werden einzeln in Käfigen gehalten. Aktuell stammen in der Schweiz die meisten Zweinutzungshühner aus industrieller Zucht. Industriell gezüchtete Zweinutzungshähne können wegen ihres relativ schnellen Wachstums bereits mit 60-70 Tagen geschlachtet werden – damit sind sie halb so alt wie ein Zweinutzungshuhn aus ökologischer Zucht. Einen Industrie-Zweinutzungshahn kann man deshalb gleich wie ein Bio-Masthuhn zubereiten – es bedarf keiner besonderen Techniken, wie jener, die wir auf «Huhn + Hahn» bieten.

Wir sind der Überzeugung, dass eine ökologische und tiergerechte Eier- und Hühnerfleischproduktion bereits mit einer ebenfalls ökologischen und tiergerechten Zucht beginnen muss. Im Bezugsquellen-Verzeichnis von «Huhn + Hahn» finden sich deshalb ausschliesslich Betriebe, die entweder Rassehühner oder Gebrauchskreuzungen aus ökologischer Zucht halten. Auch unsere Rezepte sind spezifisch an das Fleisch solcher extensiver Zweinutzungshühner angepasst, die mit frühestens 120 Tagen geschlachtet werden. Um herauszufinden, welche Zweinutzungshuhn-Variante ein Betrieb hält, muss man bei den Produzent:innen nachfragen. Bei Zweinutzungshuhn-Eiern und -Hühnerfleisch aus dem Supermarkt kann man sicher sein, dass es sich um Produkte vom «Industrie-Zweinutzungshuhn» handelt. Produkte von Rassehühnern sind in der Regel entsprechend deklariert (z.B. «Eier vom Appenzeller Spitzhaubenhuhn») und tragen oftmals das Label von ProSpecieRara. Produkte von Zweinutzungshühnern, die von der Ökologischen Tierzucht GmbH (ÖTZ) stammen, können (aber müssen nicht) mit dem ÖTZ-Label gekennzeichnet sein.

Mehr Wissen?

Wir haben spannende weiterführende Infos rund um das Thema Zweinutzungshuhn zusammengetragen!

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